Der Frust beim Kritzeln

Kennt ihr das auch – ihr besucht einen Blog und schon springen euch die perfektesten Fotos, die tollsten Bilder, die besten Rezepte und und und…
immer nur das Beste ins Auge.
Und man selber??
Also ich fühlte mich durch solche Seiten immer als „Nichtskönner“. Fotos, nicht so hell, nicht so klar, weniger Tiefenschärfe…

Doch dann veröffentlichte ich meine Fotos in der Westfalenpost und viele lobten mich dafür. Dabei war das ja nichts – dachte ich für mich. Aussagekraft wurde angesprochen, den richtigen Moment erwischt zu haben. Dazu sind meine Bilder generell unbearbeitet – andere erhöhen die Tiefenschärfe durch ein Bearbeitungsprogramm, glätten und lassen das Foto durch Bearbeitung glänzen.
Heute weiß ich darum, das gut nicht unbedingt perfekt ist und kann sehr gut mit meinem „Nichtskönnen“ umgehen. Mir macht es nichts aus, wenn anderen darüber lachen. Ich bin so und dazu stehe ich.
Darum findet ihr hier auch nicht das perfekte Bild – ganz gleich ob gemalt oder fotografiert. Dabei wäre ich ein wenig stolz, wenn ich wüsste, dass ihr euch traut einfach loszulegen, egal was daraus wird.
Beim Malen bin ich ganz am Anfang. Und wie ich schon in früheren Beiträgen geschrieben habe, ihr könnt mich auf dem Weg begleiten, den ich gehe um besser zu werden. Vielleicht findet sich der ein oder andere hier ja wohler, als in der Internet-Welt der Perfektion.

Auch heute möchte ich euch in meine Zeichenwelt entführen, die mich zum ersten Mal so richtig frustriert gesehen hat.
Wie ihr vielleicht wisst, zeichne ich nach der Anleitung aus einem Buch.  (Ich will)

Als erstes sollte ich, so sagt mir der Autor des Lehr-Buches, straffieren üben.
Beginnen mit Kreisen, Quadraten, Rechtecken und vielen anderen Formen fand ich ok. Durch das „Striche zeichnen üben“ vorab, ging es schon ganz gut, wie ihr im Vorbeitrag Malen sehen könnt.

Es gibt aber noch eine Menge zu üben! Denn wirklich gut sieht anders aus.
Wenn ich die Olympischen Ringe zeichne, werden die noch Recht O und ungleichmäßig.
Wenn ich versuche Teller perspektivisch zu zeichnen, sehen sie aus als ob die Suppe gleich heraus läuft. Aber das sind Übungen, die ich nun immer dann, wenn ich einen Stift zur Hand habe, durchführe. Es geht immer ein bischen besser.

Darum ging ich die nächsten Übungen, die mir im Buch vorgeschlagen werden. auch recht locker an. „Wird schon“, dachte ich voller (Über-)Mut.

„Kritzeln Sie“ fordert mich mein Lehrbuch auf. „Auch wenn Sie das bisher nicht gemacht haben, versuchen Sie zu kritzeln.“

Doch was da im Buch an gekritzelten Zeichnungen zu sehen ist, ist für mich schon super gezeichnet. Formen und Proportionen stimmen. Teddy, Hase, Marabu und der Mann mit Hut, der am Fluss sitzt und zeichnet… alles stimmt rundum. Sicher, ein echter Maler sagt: das ist ja Gekritzele…
Aber ich?

Für mich ist das schon Kunst!

Trotzdem starte ich, wie immer voller guter Vorsätze, mit den empfohlenen Übungen. Flecken sollen auf dem Papier entstehen. Das ist einfach, aber dem gekritzelten Fleck die Form zu geben, die einen Teddyarm oder einen Marabu Schnabel erkennen lässt, ist mir nicht möglich. Also kreise ich weiter …. – na, das sieht nicht aus…
Nach einigen Versuchen frage ich frustriert meinen Mann. „Kannst du das?“ Er versucht es, malt aber auch die Konturen, die er dann auskritzelt.
Hmm….
Liegt also doch nicht so ganz an mir.
Beruhigt durchatmen;
… weiter geht`s – ihr kennt ja mein Motto „Aufgeben gibt es nicht!“
Kreis um Kreis um Kritzelkreis….
Immer male ich beim kreisenden Kritzeln über meine eigenen Grundlinien, die ja eigentlich auch gar nicht vorhanden sein sollen. An den sitzenden Maler wage ich mich erst gar nicht ran. Proportionen eines Menschen???
Poh, was verlangt der gute Mann von mir???? Bin ich Künstler??
Nein!
Ich bin „Kritzler“ der nicht einmal kritzeln kann….
Durchatmen;
Die vor Frust kritzelkraus stehenden Haare wieder an den Kopf zurückkommen lassen….
Erkennen: „Diese Motive sind einfach noch zu schwer für mich.“ Eigentlich soll man ja sowieso etwas eigenes machen.  Aber ich versuche es noch mal….
Na, langsam lache ich über mich selbst. Das ist ja wie Evelyn Hamann bei Loriot…
„Mein Jodeldiplom, dann habe ich etwas eigenes, etwas für mich, dann habe ich mein Jodeldiplom….“

Mein Maldiplom für mich… ich sehe Evelyn vor mir und lache jetzt richtig.

Wieder lachen können – wieder durchstarten.

Wird nichts…. Mit leicht zittrigen Händen und etwas zornerröteten Wangen der nächste Versuch…
Wird erst recht nichts!

Mit Murren und krauser Stirn gebe ich mir selber Recht. Das geht so nicht.
Also nehme ich einen Schuh, stelle ihn auf den Tisch und versuche ihn zu kritzeln. Der muss ja einfacher sein, denke ich …

Ne, wirklich nicht… Da guckt ja mein Zeh raus – aber der Schuh hat gar kein Loch…
Also:
Mein „Tonteddy“ muss dran glauben. Ich versuche den Kerle, der schon seit über 20Jahren immer an anderer Stelle in meinem Wohnzimmer sitzt, zu kritzeln.
„Verd…t“ ich male den Teddy und kritzele ihn nicht. Immer entsteht zuerst der, nicht gerade gekonnt umgesetzte,  Umriss, den ich auskritzele. Das soll es ja nicht sein…
Bevor meine Haare wieder zu Berge steigen,setze ich den Stift ab und blättere im Buch eine Seite weiter.

Was sehe ich – Landschaften!
Gekritzelte Landschaften! Ich liebe Landschaften und zudem finde ich sie für mich persönlich jetzt viel einfacher zu zeichnen.
Also steige ich erst einmal um und nehme mir vor, den Kritzelabend mit einem positiven Erlebnis zu beenden. Das MUSS jetzt klappen.
Gleichzeitig nehme ich mir vor, immer wieder Konturen zu kritzeln.


In meinem Fotoportfolio finde ich ein schon älteres Winterbild mit kahlen Bäumen, Zaun und Schatten. Das nehme ich als Vorlage und kritzele los. Nicht kreisend eine Form, sondern im Krickel-Krackel Zick-zack Stil, mal Strich mal Kreis, mal Zickzack – aber kritzelnd. Das geht schon erheblich besser und das entstandene Bild, besser gesagt die Skizze, gefällt mir ganz gut.
Sicher, nichts Perfektes – aber das verlange ich ja auch (NOCH)  nicht von mir.
Doch für heute lege ich den Stift beiseite.
Das ist auch ein Tipp für euch.

Beendet alle Übungen einfach mit einem positiven Erlebnis. Selbst wenn etwas gar nicht klappen will, dann malt etwas, was ihr schon vorab einmal geübt und für gut befunden habt.

Hauptsache eure Haare stehen nicht mehr zu Berge und ihr könnt in Ruhe und zufrieden den Tag beenden.

2 Kommentare Gib deinen ab

  1. markus sagt:

    Halo Beate, das ist ja richtig motivierend. Aber seit einst mein Kunstlehrer, selbst freischaffender Künstler, beim Anblick eines meiner Bilder sagte:“Kunst kommt von Können, wenn es von Wollen käme, müsste es Wulst heissen“, habe ich es, abgesehen von Ottifanten, drangegeben.
    Ich habe mir zu Weihnachten eine Kamera schenken lassen, das klappt wohl besser.

    L.G. Markus

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    1. Beate sagt:

      Markus, mein Lehrer hat so was ähnliches gesagt. Glaube mir: Lehrer haben nicht immer Recht 😉
      Jedne vierten Freitag im Monat ist im Berghaus in Stockum immer offenes Atelier. Da kann jeder einmal reinschauen und gegen Erstattung der Materialkosten mit den Malern, entweder Cäcilia, Elke oder Fredo malen. Versuch es doch einfach mal. Ich wette – es geht (y)
      Vielleicht treffen wir uns ja schon jetzt Freitag – ich bin da 🙂

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